Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade “Das Blog — ein Medium von gestern?” von Meike Leoold. Unter anderem fragt sie „Warum bloggt ihr? Was treibt Euch dabei an?“ Eine Frage, die ich mir bezüglich dieses besonders wenig besuchten Blogs auch immer mal wieder stelle.
Jede/r will alt werden, aber niemand will alt sein! Schon sprachlich versuchen viele, die Alten anders zu bezeichnen: Senioren, Best Ager, Silver Ager oder Golden Ager – als würde man sie dadurch verjüngen! Auch ich hatte innere Widerstände, in meinem Hauptblog „Digital Diary“ ab und an vom eigenen Altern zu schreiben. Zipperlein, Krankheiten, Zahnersatz, eine gewisse Trauer angesichts des unübersehbaren Verfalls, gar alles rund um Tod und Sterben – all das erschien mir irgendwie unpassend. Vom „schwächeln“ schreibt man nicht in einem Umfeld, in dem sich alle bemühen, immer möglichst großartig ‚rüber zu kommen. Und ich freute mich immer schon am Internet, wo nach wie vor gilt: „nobody knows, that you are a dog!“, solange man sich nicht outet. (jetzt auch analog: Maske!)
Das Thema besser in ein extra Blog auszulagern, war durchaus ein wenig von der Angst motiviert, als „Alte“ nicht mehr Ernst genommen zu werden. Andrerseits unterschreibe ich Mails im privaten Erstkontakt gerne mal mit „so ein Internet-Urgestein“ unter dem Namen, sogar mit ein wenig Stolz auf meine lange Zeit als Internet-Aktive, die schon 1996 ihre erste Seite gebaut hat und so etwas wie ein „Blog“ (Originaltechnik, nix fürs Smartphone!) betrieben hat, nur ohne Blogsoftware. Die Gefühle zum eigenen Altern sind durchaus ambivalent, also finde ich es nach wie vor gut, ein extra Blog zum Altern zu betreiben.
Aber was heißt hier „betreiben“? Ich blogge hier selten, dem entsprechend sind auch die Besucherzahlen gering, nämlich im „niedrigen zweistelligen Bereich“, vermutlich sind die Hälfte davon Bots. Trotzdem schaffe ich das Blog nicht ab, irgendwie bleibt der Gedanke, es könnte die Zeit kommen, in der ich genügend Gründe habe, hier häufiger zu schreiben. Bin gespannt, ob ich irgendwann mal aus dem Pflegeheim blogge, wie schlecht das Essen ist oder wie blöd ich es finde, mich von einem Fremden waschen lassen zu müssen!
Ist Bloggen in der öffentlichen Wahrnehmung also eher etwas für Jüngere? Nö, das hat sich in den letzten Jahren geändert! Jugend ist auf Tictoc und „Insta“, während immer mehr „fortgeschritten Erwachsene“ bloggen. Die Sichtbarkeit der älteren Semester unter den Bloggenden hat sogar gewaltig zugenommen durch das Portal „Blogs50plus„, das dieser Tage sein fünfjähriges Bestehen feiert.
Da bloggen nicht nur knapp 50-Jährige, sondern auch Menschen aus der Altersgruppe 60plus und 70plus – wobei die Altersangabe immer den Zeitpunkt des Beitritts zum Portal anzeigt, da sind zwischenzeitlich sicher mehr „reingealtert“.
Die Themenvielfalt ist riesig, doch zum Altern selbst wird nach wie vor wenig geschrieben. Ist auch nicht verwunderlich in unserer Gesellschaft, in der die meisten so lange wie möglich „mithalten“ wollen. Insofern ist dieses Blog hier eine kleine Nische für gelegentliche trotzig-renitente Ánwandlungen, genau das Gegenteil zu tun, bzw. zumindest darüber zu schreiben.
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4 Kommentare zu „Vom Sinn des Bloggens über ein unbeliebtes Thema“.