Auf „Beziehungsweise weiter denken“ schreibt Monika Krampl darüber, wie sich die 50-jährige das Altwerden vorstellte – und wie die 67-jährige es erlebt:
„In meinen Bildern vom Alter war ich immer unverändert unverbraucht, unversehrt und unangreifbar. In meinen Bildern und Vorstellungen, die ich mir im Zeitraum von meinem 40. bis 50. Lebensjahr ausgedacht hatte, ging ich von meinem damaligen Körper aus – meiner scheinbar unendlich kraftvollen Energie. Krankheiten kamen in meinen Bildern schon gar nicht vor. Als Berufseinsteigerin in meinen zweiten Lebens-Beruf als körperorientierte Psychotherapeutin ging ich von der Voraussetzung aus: Wenn ich nur alles richtig mache, passiert mir nichts. Das „alles“ waren die körpertherapeutischen Übungen (zum Beispiel nach Wilhelm Reich, Alexander Lowen etc). Mein absoluter Glaube: Wenn meine Energieblockaden gelöst sind und meine Energie frei fließen kann, werde ich nicht krank.“
Was folgt, ist zunächst der Bericht einer Ent-Täuschung: Der Körper verändert sich mit den Jahren, die Energie wird weniger – trotz der Übungen. Die Haut wird schlaff, allerlei Krankheiten finden sich ein, die Kräfte schwinden und sogar der Schaffensdrang wir weniger. Langsam zerbröckeln die einstigen Vorstellungen vom Alter angesichts einer weniger schönen Realität.
Glücklicherweise beschreibt Monika auch ihre „helle Seite des Alterns“:
„Wenn ich mir Zeit lasse und achtsam bin mit mir und meiner Umwelt, spüre ich Zufriedenheit und Glücksmomente. Über vieles. Auch und vor allem über Kleinigkeiten. Ich habe viel gelebt und erlebt – sehr viel. Viele Menschen suchen sich im Alter eine neue Aufgabe. Das ist gut so. Ich habe so viele Aufgaben und Fleißaufgaben erledigt, so viel gemacht und Verantwortung getragen, dass ich es mir erlaube, einfach nichts zu tun.“
Hinzu kommt eine recht positive persönliche Situation, ein Häusschen mit Garten in der Nähe ihres Sohnes, eine Pension – Existenzängste muss Monika nicht haben, immerhin!
Mich hat der Bericht berührt, denn es geht mir ein Stück weit ähnlich: Als ich nach Berlin zog und an der Uni einen Gymnastik-Workshop besuchte, wurde der von einer 80plus-Lehrerin geleitet. Sie war tatsächlich fitter als wir ungeübten Twentysomethings! So geht es also auch, dachte ich. Dachte aber nicht daran, dass Sport gerade NICHT mein Lebensinhalt war und auch niemals werden würde – ich war und blieb immer ein Sportmuffel, trotz verschiedener Versuche, das zu verändern. Und seit Mitte 50 muss ich auch feststellen, dass die Energie nicht mehr diesselbe ist, dass sich allerlei Zipperlein einfinden und bleiben, das der „Elan vital“ irgendwie nachlässt und ich nicht mehr alles anfange, was mir so als wünschenswertes Projekt durch den Kopf geht.
Ich könnte da detaillierter klagen, mache das aber nicht. Mache es auch nicht mir selbst gegenüber, weil es ja doch gar nichts bringt. Auch die Existenzangst lasse ich nicht an mich heran, obwohl ich weiß, dass ich mit „Grundsicherung“ die jetzige Wohnung nicht werde halten können, genauso wenig wie den Rest meines eher bescheidenen Lebensstandards. Gelassenheit muss ich nicht wirklich üben, sie ist – zumindest bis jetzt – einfach da. Wie es sein wird, wenn ich mal nicht mehr mit dem Rad 20 Minuten in den Garten fahren und dort arbeiten kann, will ich mir gar nicht erst ausmalen. Es reicht, sich mit den Schrecknissen auseinander zu setzen, wenn sie eintreten, denke ich mir.
Mal schauen, wie weit diese Art „Kunst des Alterns“ trägt.
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5 Kommentare zu „Wenn das Alter die Vorstellungen vom Altern verändert“.