Claudia am 25. August 2016 —

Von Altersweisheit und Verbitterung

Unter dem provozierenden Titel „Alter ist eine Illusion“ bringt zukunftsinstitut.de ein spannendes Interview mit dem Psychiater Prof. Dr. Michael Lehofer über das Alter als Selbstkonstruktion, die wertvolle Erfahrung der Brüche im Leben – und das sinnliche Leben als wahren Sinn des Lebens.

Die Antworten von Dr.Michael sind etwas widersprüchlich, wie ich finde. Auf die Frage, ob wir uns denn das Alter nur einbilden, sagt er:

„Jedenfalls ist Alter und damit die Angst vor dem Alter eine Illusion. Es ist eine gesellschaftlich stabile Selbstkonstruktion, die sich nicht aufgibt oder aufgeben will. Das individuelle Alter ist Ausdruck der ständigen Selbstrekonstruktion des Egos. Ab dem Status des ausgereiften Gehirns ist der Mensch dazu fähig – und er konstruiert auch fleißig, immer nach dem höchst eigenen Schema. Ich würde sagen: Alter ist eine Frage der Haltung.“

Das werden vermutlich alle, die unter vielerlei Altersbeschwerden leiden, als eine ziemlich verstiegene Ansicht empfinden. Dennoch ist das Interview zur Gänze lesenswert, denn der konstruktivistische Ansatz ist gar nicht wirklich Thema. Es geht vielmehr um die Einstellung zum Leben, zum Altern und auch zum unvermeidlichen Tod, die einen großen Unterschied machen kann zwischen jenen, die verbittert sind und jenen, die weise werden:

„Das Leben kommt durch das Überleben. Wenn wir einsehen, dass der Überlebenskampf im Leben keinen Sinn ergibt, dann erst können wir unser Leben genießen. Wie ich schon vorher sagte: Dabei kommt es darauf an, wie man überlebt, wie man mit existenziellen Erfahrungen, mit existenziellem Scheitern umgeht. Verbitterung kommt aus dem Widerspruch zum eigenen Schema. Die existenziellen Erfahrungen werden gemacht, aber die Menschen öffnen sich nicht dazu. So bleibt man stehen. Die Weisen nehmen auch Einbrüche im Leben an und entwickeln sich weiter. Das macht nicht nur den Unterschied zwischen gelassen und verbittert, sondern auch zwischen alt und reif. Die Verbitterten sind zwar alt geworden, aber nicht reif.“

Wohl gesprochen! Hoffen wir, nicht zu verbittern und zumindest ein wenig weise zu werden!

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