Claudia am 29. Oktober 2018 —

Und Mode – wie steht’s damit im Alter?

[enthält Werbung] Verliert sich das Interesse am modischen Outfit mit zunehmendem Alter? Oder geht es gar nicht um Mode, sondern viel mehr um den eigenen Stil?

Während manche meinen, schon mit 40 müsse man sich „altersgemäß“ kleiden, tragen andere mit 70plus verrückte Outfits, die ihre Enkel verblüffen. Allgemeine Dresscodes für jedes Alter, wie sie in der Vergangenheit weitgehend Konsens waren, gelten heute nicht mehr. Jede und jeder muss eine eigene Haltung zur Klamottenfrage finden, wobei jedoch schnellebige Moden mit zunehmendem Alter an Bedeutung verlieren – so zumindest mein Eindruck.

Ein bisschen (anti-)modische Autobiografie

Maxirock (70ger)Dass Selbstbild und Wirklichkeit schon mal auseinander klaffen, sieht man oft erst in der Rückschau. So war ich z.B. seit meinen Teeny-Jahren davon überzeugt, mir aus Mode nichts zu machen. Und doch nervte ich mit 14 meine Eltern mit dem Wunsch nach „schwarzen Levis“, die damals (1968) neu und schwer angesagt waren. Zwecks Provokation trug ich mit 16 Miniröcke, die kaum kurz genug sein konnten, und fühlte mich wenig später in wallenden Maxi-Röcken wohl. Immer in der Meinung, ich befände mich quasi im Widerstand gegen jegliche Mode, dabei war es nur der Widerstand gegen die langweilige „anständige Kleidung“, die Eltern und Großeltern lieber an mir gesehen hätten.

Dennoch: Der Zeitgeist der 70ger war in meinen Kreisen anti-modisch („Konsumterror!“). Alle liefen in „Jeans und Parka“ rum, Männlein wie Weiblein, im Sommer höchstens mal Batik-T-Shirts, selbst gefärbt. Mitte 20 zog ich dann nach Berlin, wo mir das Berliner Schwarz sehr entgegen kam: als Sweat-Shirt, Blazer, Bluse und Jeans, dazu ein farbiger Schal, damit es nicht so nach Begräbnis aussieht – fertig. Abgesehen von jeglicher Optik war und blieb auch wichtig: synthetische Kunstfasern vertrag‘ ich nicht. Und Klamotten müssen bequem sein. Wer schön sein will muss leiden? Nicht mit mir!

50plus: der Körper verändert sich

Mit den Wechseljahren stieß mir dann etwas zu, mit dem ich nicht gerechnet hatte: ich nahm zu, die Körperform änderte sich. Und zwar weg vom jugendlichen Sanduhr-Style ins mehr so Tonnen-förmige. Die bis dahin ohne großes Überlegen gekauften körpernah geschnittenen Klamotten kleideten mich einfach nicht mehr, sondern betonten die angewachsene Mitte auf eine Art, die ich wirklich nicht mehr im Spiegel betrachten wollte. Auf einmal war ich gezwungen, mich mit dem Thema Kleidung neu auseinander zu setzen. Ja was denn nun?

Die Idee, eine „verrückte Alte“ zu werden, die schon mit ihren Klamotten ein Statement setzt, entpuppte sich als Hirngespinst: Wer nie groß aufs Styling geachtet kann, kann das nicht plötzlich zur provokativen Kunstform machen!

älteres Paar
Das ist mal ein „modisches“ Outfit, das mir an einer alten Frau gefällt!

Diverse Experimente in Umkleidekabinen mit vielerlei Outfits zeigten mir zum Glück: Ich hatte schon einen Stil! Den musste ich nur ein wenig variieren und die richtigen Klamotten dafür finden: immer noch viel, aber nicht immer nur Schwarz. Auch mal ein farbiger Pulli, Oberteile „Körper umspielend“ oder „A-Linie“, gerne kurzärmlige weite Hemden über langärmligem Shirt – und Jeans in „regular fit“, also in bequemer, gerader Weite. Wenn Rock, dann bis ganz knapp unters Knie, nicht kürzer, nicht länger.

Und das Einkaufen?

Oh je, das ist gar nicht so einfach! Eigentlich dachte ich, meine Ansprüche seien nicht groß. Aber Fakt ist, dass das Klamotten-kaufen zur langwierigen Sucherei ausartet, was ich NOCH NIE mochte. Deshalb kaufe ich fast nur noch online, und lieber seltener wenige hochwertige Sachen statt Billigklamotten, die sowieso nicht lange halten. Dann muss aber auch noch die Größe stimmen – ich passe nun mal nicht mehr in Größe 36 bis 42 – darüber ist bei vielen Anbietern schon Schluss! So lande ich dann z.B. bei Peter Hahn, wo es auch qualitativ Hochwertiges in großen Größen gibt, ohne dass der ganze Shop auf krass Übergewichtige ausgerichtet wäre. Es gibt Baumwolle, Seide, Wolle, wenig Synthetik – und im Sale ist vieles dann auch recht erschwinglich.

Was ich an vielen Läden kritisiere, ist die Dominanz hautenger Damenjeans (bei PH gibts immerhin „straight/regular“ und sogar „comfort“). Männern mutet man das auch nicht zu, deren Jeans sind fast immer „regular fit“, nur Frauen sollen aussehen, als hätten sie sich die Jeans als Flüssiglatex auf die Haut gegossen! Als Teeny mochte ich das, später nie mehr, trotz jahrzehntelang „normal schlanker“ Figur.

Mein Fazit bis jetzt in Sachen Mode und Altern: Auch ohne Orientierung an Saison-Mode und Marktgeschehen war und ist es mir doch nie ganz egal gewesen, wie ich herum laufe. Und mit dem Alter wird der „eigene Stil“ greifbarer, konkreter, beschreibbarer, was das Einkaufen dann wieder erleichtert. Im Billiguniversum werde ich allerdings nicht mehr fündig, denn auch die Umwelt inkl. der Müllvermeidung ist mir heute wichtiger als früher. Lieber was Hochwertiges Second Hand als Kleider, die nach ein paar mal Tragen (und waschen!) schon wegwerf-reif sind.

Meine Bewunderung gilt allerdings weiterhin den „verrückten Alten“, die sich modisch was trauen.

Dazu passend schrieb mir Rosadora hier mal zu einem ähnlichen Thema in die Kommentare:

„Wenn ich einst alt bin
trage ich Mohnrot
weil ich das Brennen nicht missen möchte
in meinen Gliedern
in meinem Herz
Einen grossen Hut
der weit auslädt
und das Gesicht anmutig verschattet
Ich werde stolz sein
wenn die Leute hinter mir tuscheln:
Da geht die verrückte Alte mit ihrem Hut.“

Wenn ich einst alt bin – Elisabeth Schlumpf – Kösel 2003

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Diskussion

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4 Kommentare zu „Und Mode – wie steht’s damit im Alter?“.

  1. Modisches Outfit ist in allen Lebensjahren möglich. Und meist gut aussehend.
    Meine Frau traut sich zusehends und sieht meist sehr schick und jugendlich aus.

  2. Ich hatte wohl in den wilden 60er, 70er und den Disco-80ern ein ähnliches Verhältnis zur Mode, wie du. Ich trug die „angesagten“ Jeans und Miniröcke. Ansonsten hatte ich aber entweder zu strenge Eltern oder zuwenig Geld, um eine größere Liebe zur Mode zu entwickeln.
    Und das gilt auch heute noch. Ich denke, es gibt Wichtigeres.
    LG Sabienes

  3. Nicht alle Frauen über 60 sind dick, übergewichtig und haben die Figur einer Tonne. Meine „Sanduhrfigur“ mit 63 Jahren bei einem Gewicht von 56 kg und Kleidergröße 36/38 ist mir erhalten geblieben, auch wenn ich in jüngeren Jahren noch schlanker war. Allerdings muss ich die Kalorienaufnahme seit Jahren einschränken, da der Grundumsatz mit steigendem Alter sinkt. Wenn ich nicht krankheitsbedingt durch Medikamenteneinnahme zunehme, wird sich gewichtsmäßig wahrscheinlich länger nichts ändern. Ich kleide mich eher jugendlich und meinem Typ entsprechend, trage das, was mir steht. Weder spießig noch hausbacken, aber auch nicht krampfhaft auf jung gemacht.

  4. @Lilli: das ist ja schön für dich, dass du so eine Ausnahme darstellst. Es gibt eben einige, die immer schon sehr schlank waren und nicht so veranlagt sind, in späteren Jahren zuzunehmen – wie es der Mehrheit widerfährt, wenn man den Statistiken und dem eigenen Augenschein in der Öffentlichkeit glaubt.
    Es ist zudem auch eine Frage persönlicher Prioritäten, ob einem die eigene Optik so viel Befassung wert ist wie etwa „Kalorieneinschränkung“ über viele Jahre und viel Aufmerksamkeit für Klamotten.